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Meine Patenreise im Februar 2007

Isabel Morenza
Erst im August 2006 bin ich Patin bei Harambee Kwa Watoto geworden. Seitdem schaue ich immer wieder im Forum nach. Im Oktober las ich dort folgende Frage: Patenreise 2007, wer kommt mit? "Ich ganz sicher nicht", war mein erster Gedanke. Seit mehreren Jahren wartet das eine oder andere Kind in einem anderen auch fernen Land auf meinen Besuch und noch nie war mir die Zeit günstig. Aus vielen Gründen war es für mich immer noch ein ferner Traum Und nun sollte ich hier gleich mitfahren? Busbahnhof in Nairobi Aber ja! war die spontane Antwort auf eine direkte Frage. Überwältigt, könnte man sagen. Meine Familie meinte noch schnell, dass es kein Problem wäre, und schon hatte ich meinen Flug gebucht. Zu dem Zeitpunkt konnte ich es selber noch nicht ganz glauben. Doch dann kamen die nötigen Vorbereitungen: Impfungen, Visum und was man so braucht. Und alles ging sehr schnell. Die Zeit flog dahin und der Februar kam. Erst am Abend vor dem Flug war die Aufregung da. Das Treffen mit den anderen Paten, die völlig unbekannte Umgebung in Afrika und die Kinder, alles war neu und spannend.
Blick über den Schulhof Die Ankunft in Nairobi, mit etwas Verspätung, nach Mitternacht, die Umgebung in Dunkelheit gehüllt. Doch die Gerüche, die laue nächtliche Luft, die Konturen der wenigen Bäume am Straßenrand, Fahrzeuge und Menschen, alles steckte voller Verheißungen. Diese würden sich am nächsten Tag im Licht der erwachenden Stadt erst richtig offenbaren. Ein erster Blick vom Balkon unseres Hotels über die River Road: Ein Fluss aus Menschen, der Richtung Stadtzentrum rann, ein Meer von Matatus, die hupend, quietschend, brummend sich einen Weg bahnten. Nach dem Frühstück tauchten auch wir mit unserem Taxi in dieses Meer Richtung Osten ein und bekamen die bunten Bilder dieses morgendlichen Lebensflusses geboten.
Es dauerte eine ganze Weile bis zur Schule, diese Zeit war kostbar. Die Straßenränder waren voller Menschen. Dazu Waren aller Art. So viele staubige Sofas, so viele Bettgestelle, kleine Portionen Kohle abgezählt in alten Dosen, Mangos und Bananen, farbige Reißverschlüsse, ordentlich aufgereiht, geröstete Maiskolben, alles wurde feilgeboten am Straßenrand. zwei kleine Kinder Auch der Müll. Wir fuhren am Mathare Valley vorbei. Von oben schienen die Hütten in ihrer extremen Enge gar keine Wege frei zu lassen, von oben gesehen glich es einem ruhigen See aus Wellblech, in der Sonne schimmernd. Zur Straße hin öffneten sich schmale, düstere Gassen, dreckige Läden und zerfallende Stände wie eiternde Wunden. Dazwischen hockten, spielten Kinder, verlorene, verschmutzte Schätze einer Zukunft, an die keiner mehr denkt. Wir sahen immer wieder weite Flächen, braches Land, durchkreuzt von Eisenbahnschienen und laufenden Menschen. An der Seite, wie vergessen, der Nairobi Fluss, vor sich hin gammelnd. Die asphaltierte Straße verabschiedete sich zwischen halberrichteten Gebäuden mit kleinen Läden und ausgefallenen winzigen Geschäften zur Vorderseite hin. Wir waren in Soweto eingebogen. Das Bild wiederholte sich: die kleinen Verkaufstände, die staubigen Sofas, die Ziegen auf den Müllhaufen, die waschenden Frauen und der fröhliche Chor der grüßenden Kinder.
Kwa-Schüler Soweto war genau so dreckig und so armselig wie alles, was wir schon gesehen hatten. Es lag aber weiter außerhalb und es kam mir luftiger vor, offener, nicht so gedrungen oder erstickend, hatte fast etwas Vornehmes an sich. Als wir zum blauen Schultor von Kwa Watoto hinunterfuhren, sahen wir die karge, leere Landschaft dahinter. Hier war also das Ende. Hinter den letzten Häusern schlängelte sich der verschmutzte Fluss, die Marabus kreisten über dem Müll und den Kloaken, und der weite Himmel verlor sich zusammen mit der Grasfläche am Horizont.
Gruppenfoto Die Schulgebäude wirkten von außen mit ihren weiß gestrichenen Balkonen freundlich. Der Schulhof war leer. Die Kinder waren im Unterricht. Gleich würden wir hinein gehen. In der 4. Klasse war es ziemlich dunkel und der Raum voller Kinder. Ich erkannte Lilian sofort. Sie lächelte verlegen, ich lachte auch verlegen und winkte. Wir schauten uns eine ganze Weile an, so lange die Paten sich in der Klasse vorstellten. In der 3. Klasse war es noch dunkler und der Raum war noch voller Kinder, um die 80, sagte die Lehrerin. Nduku fand ich nicht. Sie wurde gerufen und wir begrüßten uns verlegen lächelnd, neugierig musterten wir uns gegenseitig.
Dann ging es weiter durch verschiedene Klassen. Die ganz Kleinen konnten gar nicht aufhören zu singen. Wir gingen in den Klassen ein und aus, meist dunkle Räume, die von der Begeisterung, von der Freude, der Neugier der kleinen und großen Schüler vibrierten. Später auf dem Schulhof gab es eine große Versammlung. Diese ging in die Pause über. Nduku und Lilian fanden sich bald bei mir ein. Isabel, Nduku und Lilian
Später kamen Ndukus große und kleine Schwester und noch einige Freundinnen dazu. Irgendwann hatten sie meine Hand genommen und so standen wir herum, in der Mittagssonne, in den Staubwolken, die der Wind aufwirbelte. Das genügte uns.
Was danach kam, waren schöne, erfüllte Tage. Tage für fröhliche Ausflüge, zur Teilnahme im Unterricht, für Spiele auf dem Schulhof, zur Verteilung von Freude in Form von Briefen, Geschenken oder Schulmaterial. Tage des Zusammenseins. Tage zum gastfreundlichen Essen mit Carolyne und Nehemiah. Tage zum Besuchen von St. Mathew mit den älteren Schülern und zum Einkaufen im Supermarkt. Tage zum Sammeln von Erinnerungen für später, für Briefe, Berichte für die, die nicht dabei sein konnten, für einen selbst.
Ein letztes Mal durch das blaue Tor, ein Abschied. Eine kleine Welt bleibt dahinter. Eine Welt, wo Hoffnung und Würde überleben. Die Schule mutet mich an wie eine Insel mitten in der Armut der Slums. Innerhalb der Schulmauer kann die ganze Misere herum diesen Kindern nichts anhaben. So habe ich sie dort gesehen: leuchtend vor Schönheit, sprudelnd vor Neugier, strahlend vor Begeisterung und voller Mitgefühl und Hoffnung.
In Bewunderung für die engagierte Arbeit von Schulleiter Nehemiah, seiner Frau Carolyne, Tine und Claus in Kwa Watoto.


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